Zurück aus Tallinn
Anfang Oktober sind unsere beiden Mitarbeitenden Anne Unfried und Mathieu Ratajczak nach Tallinn (Estland) gereist, um bei unserem neuen Erasmus+-Partner, dem Astangu Vocational Rehabilitation Centre, zu hospitieren.
Das Astangu ist dem Euro-BBW relativ ähnlich: Es bietet ebenfalls berufsvorbereitende Maßnahmen, Berufsausbildung, unterstützende Dienste (wie Physiotherapie etc.), eine Art Integrationsberatung und Wohnräume für die Rehabilitand:innen, aber im Gegensatz zum Euro-BBW hat es keine eigene Berufsschule. Das Astangu bietet auch Werkstätten für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen an. Es gibt derzeit 124 Rehabiltand:innen zwischen 16 und 64 Jahren und 97 Angestellte.
Jede:r Rehabilitand:in hat ein eigenes Team, darunter ein Case Manager als Hauptansprechpartner:in, das die Lernenden individuell betreut und mit ihnen gemeinsam ihre Zukunftspläne umzusetzen versucht. Das Ziel ist der Übergang in den Arbeitsmarkt, aber manchmal schließen die Rehabilitand:innen auch eine weitere Ausbildung an.
Das Astangu ist aber auch ein Kompetenzzentrum für berufliche Rehabilitation, verbreitet Best Practice und sorgt für Weiterentwicklung des sozialen und des Bildungsbereichs. Es ist das einzige Institut seiner Art, das in Estland vom Ministerium betrieben wird, und bietet anderen Organisationen Mentoring an. Astangu unterstützt ebenfalls bei der Anpassung von Arbeitsplätzen an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung, indem es Arbeitgeber:innen und Kolleg:innen weiterbildet und bei der Beantragung notwendiger Technik und baulicher Veränderungen hilft (diese werden vom Estonian Unemployment Insurance Fund bezahlt).
Dieser Insurance Fund unterstützt Menschen ab 16 Jahren, die arbeitsfähig, teilweise arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig sind: Menschen mit einer Beeinträchtigung oder auch Menschen, die ihre Kinder erziehen oder sich im Militärdienst befinden. Auch in Estland gab es einen Paradigmenwechsel, denn man fokussiert sich nicht mehr auf die Defizite dieser Menschen, sondern auf deren Stärken und Fähigkeiten. Je nach Arbeitsfähigkeit erhalten diese Personen eine finanzielle monatliche Unterstützung.
Besonders beeindruckt waren unsere beiden Kolleg:innen vom Amanita-Projekt, das von einer einzelnen Person (Indrek) ins Leben gerufen, organisiert und teilweise aus seinen privaten Mitteln finanziert wird. Das Projekt bietet Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze je nach individuellen Fähigkeiten sowie verschiedene Wohnangebote.
Unsere Kolleg:innen haben während ihres Aufenthalts in Tallinn einen ausführlichen Reiseblog geschrieben. Dort finden sich viele weitere Informationen und Fotos zum Astangu, zum EDGAR- oder Jobpics-Projekt sowie zu den Problemen, mit denen Indrek tagtäglich konfrontiert ist: https://www.tumblr.com/estonia22.